Homöopathie im Aufbruch
„Die Atmosphäre war durchdrungen von motivierter Forscherenergie – nie empfand ich die Homöopathie so facettenreich und zukunftsorientiert wie hier.“
Mit diesen Worten beschreibt David Banis seine Eindrücke vom 100. Jubiläumstreffen der Liga Medicorum Homoeopathica Internationalis (LMHI), das vom 10.–13. Juli 2025 in Utrecht stattfand.
Und tatsächlich: Das Treffen markierte einen Wendepunkt – weg von der Aussenseiterrolle, hin zu einer integrativ verstandenen, evidenzbasierten Forschungsdisziplin.
Homöopathie im Aufbruch – Wissenschaftlicher Anspruch & persönliche Begegnung
Rund 40 Nationen waren vertreten, darunter Universitätsangehörige, klinische Forscher, praktische Ärzte und Nachwuchswissenschaftler. Im Mittelpunkt standen nicht nur klinische Studien und Grundlagenforschung, sondern auch methodische Reflexion, politische Rahmenbedingungen und internationale Netzwerke.
Zentrale Botschaft: Homöopathie ist weder antiquiert noch obskur – sie befindet sich in einem vitalen Transformationsprozess und orientiert sich zunehmend an modernen Forschungsstandards.
Das Programm umfasste klinische Studien, Grundlagenforschung und metaanalytische Arbeiten. Ein wiederkehrendes Thema war die Verbesserung methodischer Standards – insbesondere Randomisierung, Prospektivität, definierte Endpunkte und Transparenz von Falldaten. Diese Ausrichtung spricht für ein deutlich höher entwickeltes Forschungsniveau als in früheren LMHI-Jahren und signalisiert ein verstärktes Engagement in der akademisch-experimentellen Homöopathie.
Vortragshighlights
Dr. Alexander Tournier (Homeopathy Research Institute)
Dr. Tournier lebt und forscht seit 2021 in der Schweiz am Institut für Komplementäre und Integrative Medizin (IKIM) der Universität Bern.
Er präsentierte die Studienlage zur Homöopathie im historischen Verlauf, beleuchtete die methodische Kritik am sogenannten „Australischen Bericht“ und zeigte, warum die faire Bewertung homöopathischer Studien für ihre Integration in moderne Gesundheitssysteme entscheidend ist.
Dr. Tournier erklärte, dass es ursprünglich einen ersten Entwurf dieses Berichts gegeben habe, der der Homöopathie eine positive Wirkung bescheinigte. Dieser wurde jedoch nie veröffentlicht. Stattdessen erschien ein zweiter Bericht, in dem strengere Einschlusskriterien rückwirkend angewendet wurden – was dazu führte, dass kein einziges homöopathisches Studienergebnis als ausreichend evidenzbasiert gewertet wurde. Das HRI hat dazu umfangreiche Recherchen angestellt und dokumentiert, dass dieser Umgang mit der Datenlage wissenschaftlich fragwürdig ist.
Dr. Alexander Tournier – Kurzvita
- Physikstudium am Imperial College London, Promotion in Theorie der Quantenprozesse an der Universität Heidelberg
- Über zehn Jahre Forschung in der Onkologie (Cancer Research UK)
- 2007 Gründung des Homeopathy Research Institute (HRI), London – Plattform für hochwertige homöopathische Grundlagen- und klinische Forschung
Link zur HRI-Research-Webseite
Dr. Tournier betonte, dass eine faire und transparente Bewertung der Studienlage zur Homöopathie essenziell ist, wenn sie als Teil der integrativen Medizin ernst genommen werden soll.

Dr. Alexander Tournier, Präsentation der Studiengeschichte der Homöopathie, ©IGPSE

Dr. Alexander Tournier (rechts im Bild), Präsentation der Studiengeschichte der Homöopathie, ©IGPSE

Dr. Alexander Tournier, Präsentation der Studiengeschichte der Homöopathie, ©IGPSE
Highlight-Vortrag: Dr. Lex Rutten
Der Allgemeinarzt und Forscher (Niederlande) stellte neue statistische Modelle zur Bewertung von Fallverläufen vor und hinterfragte kritisch die unterschiedlichen Massstäbe, die in der evidenzbasierten Medizin angelegt werden – ein Plädoyer für wissenschaftliche Fairness.
Besonders betonte er den Umstand, dass bei homöopathischen Studien oft deutlich strengere Anforderungen gestellt werden – etwa in Bezug auf Randomisierung, Verblindung und Studiendesign. Gleichzeitig werden konventionelle Therapien trotz methodischer Mängel schneller akzeptiert, wenn sie mit Leitlinien oder pharmakologischen Modellen übereinstimmen. Dr. Rutten plädierte für einheitliche Bewertungskriterien und evidenzbasierte Fairness in der Medizin.
Dr. Lex Rutten – Kurzvita
- Allgemeinmedizinische Facharztqualifikation, Niederlande
- Forschungsschwerpunkt: probabilistische Methoden in homöopathischer Fallanalyse seit den 1990er-Jahren
- Mehrfache Publikation zur statistischen Validierung klinischer Fallbeschreibungen

Dr. Lex Rutten, Evidence Based Medicine in Crisis?, ©IGPSE

Dr. Lex Rutten, Verlässlichkeit von Studiendaten am Beispiel von Oxycodone, ©IGPSE

Dr. Lex Rutten, Challenges in Evidence-Based Medicine, ©IGPSE
Nachwuchsforschung & interdisziplinäre Projekte
Besonders eindrucksvoll war, dass ein Grossteil des Programms dem wissenschaftlichen Nachwuchs gewidmet war. Unter anderem wurden folgende Ansätze präsentiert:
- In-vitro-Untersuchungen homöopathisch hergestellter Mittellösungen auf Zellkulturen
- Placebo-kontrollierte Pilotstudien zur homöopathischen Therapie bei atopischer Dermatitis
- Digital gestütztes Monitoring klinischer Falldaten und Empfehlungen zum Studiendesign

Dr. Petra Weiermayer, Wissenschaftliche Gesellschaft für Homöopathie – WissHom, ©IGPSE

Prof. Dr. Stephan Baumgartner, Stv. Direktor Institut für Komplementäre und Integrative Medizin, Universität Bern; Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Medizintheorie, Integrative und Anthroposophische Medizin, Universität Witten/Herdecke, ©IGPSE
Netzwerk, Qualität, Zukunft
Forschungsplattformen wie das HRI, Universitätskooperationen und LMHI-Initiativen schaffen neue Grundlagen – fachlich wie international.
Die Homöopathie zeigt sich am Wendepunkt:
- Schritt von anekdotischer Praxis hin zu methodisch geprüfter, klinisch relevanter Forschung
- Von Anekdote zu Studiendesign
- Von Stigmatisierung zur methodischen Ernsthaftigkeit
Kontakt & Ausblick
Wer tiefer in die Inhalte eintauchen möchte oder an Materialien interessiert ist, kann sich gerne an David Banis wenden (E-Mail: david.banis@rubimed.com).
Das nächste LMHI-Treffen findet 2026 in Dhaka, Bangladesch statt.